Mehr und weniger schöne Seiten der Stadt …
Wien ist durchaus eine sehenswerte Stadt. Ein urbaner Raum mit mehr, aber auch weniger schönen Seiten und Ecken. Schmuckes und schickes Ambiente hier, Leerstand und Verfallserscheinungen dort. Im Stadtbild liegen renovierte und heruntergekommene Fassaden, gepflegte und verwahrloste Orte oft dicht beieinander. Gut beobachten lässt sich dieser Kontrast etwa entlang der Wienzeile, wo ich häufig in der Gegend zwischen Naschmarkt und Margaretengürtel zu Fuß unterwegs bin.
Vom Naschmarkt stadtauswärts ...
Ausgehend vom Karlsplatz erstreckt sich zwischen der Rechten und der Linken Wienzeile der traditionsreiche Naschmarkt mit seinen typischen Pavillons, Zeilen und Bogendurchgängen. Der größte innerstädtische Markt wurde Anfang des 20. Jahrhunderts auf dem überwölbten Wienfluss erbaut. Heute breitet sich im unteren, zentrumsnahen Teil eine Gastromeile aus. Der Naschmarkt ist eine Sehenswürdigkeit und Anziehungspunkt für Gäste aus aller Welt. Manchmal überfüllt, laut und wenig beschaulich.
Gesäumt wird das Marktgebiet von Gründerzeit- und Jugendstilbauten der Jahrhundertwende. Darunter die schönen Wienzeilenhäuser des visionären Architekten und Stadtplaners Otto Wagner. Zwischen all der Pracht findet sich aber auch das eine oder andere leer stehende Gebäude oder Gasthaus, das schon bessere Zeiten gesehen hat. Außerdem prägen Verkehr, Lärm, Staub und große Hitze im Sommer das Geschehen an der Wienzeile.
Bei der U-Bahn-Station Kettenbrückengasse ...
Einheimische Kundschaft ist vor allem an Samstagen beim Naschmarkt anzutreffen. Dann findet am Landparteienplatz bei der Kettenbrückengasse der wöchentliche Bauernmarkt statt. Produzent:innen und Direktvermarkter aus dem Wiener Umland verkaufen hier an zahlreichen Ständen frische und saisonale Ware zu günstigen Preisen. Bereits in den Morgenstunden herrscht reges Treiben, eine bunte und schöne Atmosphäre.
Neben der U-Bahn-Station Kettenbrückengasse befindet sich ein wahrer Hotspot der Stadt: der sogenannte Naschmarkt-Parkplatz, wo jeden Samstag auch der Flohmarkt abgehalten wird. Eine 12.000 Quadratmeter große Asphaltfläche zieht sich hier zwischen den Wienzeilen stadtauswärts. Der Parkplatz ist Wiens größte innerstädtische Hitzeinsel und wird hoffentlich in Bälde entsiegelt.
Die Umgestaltung vom Parkplatz zum Park soll im Herbst 2024 starten. Das Vorhaben sorgte im Vorfeld reichlich für stadtpolitische Debatten. Die Anrainerinnen und Anrainer jedenfalls wünschen sich viel Grün und Freiraum ohne Konsumzwang.
Von der Pilgram- zur Reinprechtsdorfer Brücke ...
Bei der U-Bahn-Station Pilgramgasse tut sich seit einiger Zeit schon eine Megabaustelle auf. Hier an der Bezirksgrenze von Margareten und Mariahilf wird das Wiener U-Bahn-Netz ausgebaut und ein neuer Knotenpunkt für den öffentlichen Verkehr errichtet. Auch sonst wird in diesem superheißen Sommer 2024 in meiner Umgebung an vielen Stellen gebohrt, gebaggert oder geteert ... Sicher notwendige Bauarbeiten, aber halt etwas hinderlich beim fröhlichen Herumspazieren in der Stadt.
Weiter gehts dann auf dem Wiental-Rad- und Fußweg, der vom Stadtzentrum bis in äußeren Westen Wiens reicht. Wer mag, kann bei der Wientalterrasse eine Pause einlegen. Dieser Erholungs- und Grünraum im 5. Bezirk liegt als Holzterrasse über der U-Bahntrasse mit Blick auf den Wienfluss unten und die Linke Wienzeile gegenüber. Die Anlage existiert seit 2015, ist aber zumindest für mich nicht unbedingt einladend.
Rund um die Reinprechtsdorfer Brücke stechen dann ein paar besonders hässliche Gebäude ins Auge. Wiener Brutalismus sozusagen.
Von der Nevillebrücke zum Bruno-Kreisky-Park ...
Die weiter stadtauswärts gelegene Nevillebrücke über den Wienfluss ist seit 2012 für den Autoverkehr gesperrt und kann seither nur zu Fuß und mit dem Rad überquert werden. Auf dem Areal wurden ovale Rabatten und ein paar Sitzgelegenheiten angelegt, um im dicht besiedelten Bezirk Margareten eine Erholungszone zu schaffen. Ob die Möblierung zum Verweilen einlädt und der Aufenthalt dort angenehm ist, sei dahingestellt.
Zwischen Linker Wienzeile, Schönbrunner Straße und der Verkehrshölle am Margaretengürtel liegt der Bruno-Kreisky-Park, benannt nach dem ehemaligen österreichischen Bundeskanzler, der in der Nähe aufwuchs. Es gibt Spielplätze, rote Hängematten und Holzliegen, alte Bäume und Wiesen, Licht und Schatten und ein bunt gemischtes Publikum, Mütter mit kleinen Kindern, ältere Damen und Herren, so manch einsame Seele oder Menschen, die kein Obdach haben. Richtig idyllisch ist es auch hier nicht, aber es ist doch eine kühle Oase inmitten der Betonwüste rundum.
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